GESCHICHTEN AUS DER THEMSE

GESCHICHTEN AUS DER THEMSE

Einleitung

Das ist Nicola White, selbst ernannter „Schlammspatz“ und Gründerin von Tideline Art. Nicola stellt regelmäßig Videos auf ihrem YouTube-Kanal ein, in denen sie ihre unglaublichen Schätze und Fundstücke vorstellt. Im Laufe der nächsten 12 Monate wird Nicola ihre faszinierenden Geschichten und Fundstücke mit uns im Blog von Muck Boot teilen! 
 
Als ich vor über zwanzig Jahren von Cornwall nach London zog, hatte ich nicht die geringste Ahnung, dass mir die Themse eine so faszinierende und magische Welt zeigen würde und dass ihre schlammigen Ufer bei Ebbe eine Unmenge historischer Geheimnisse und Figuren aus der Vergangenheit an den Tag bringen. Ich war es gewohnt, an windigen Stränden in Cornwall entlang zu spazieren und Fundstücke zu entdecken, aber ich hätte nie gedacht, dass etwas Ähnliches auch in einer städtischen Umgebung wie London möglich sein könnte.

Nicola White steht an einem Kieselsteinufer mit der Tower Bridge im Hintergrund

Als ich an einem Wochenende in Greenwich über die Flussmauer blickte, bemerkte ich einige alte Steintreppen, die zu einem großen freigelegten Strandabschnitt unter mir führten. Ich stieg vorsichtig nach unten und spürte sofort ein Gefühl von Frieden und Ruhe, als ich den Strand erreichte. Als ich für einen Moment die Augen schloss, um dem schnell fließenden Fluss und den kreischenden Möwen zu lauschen, fühlte ich mich für einen Moment an einen Strand in Cornwall zurückversetzt. 
 
Ich schlenderte weiter und sah kleine Keramik- und Glasscherben zwischen Steinen und Austernschalen hervorlugen. Dazwischen sah ich auch merkwürdige kleine zylindrische Stücke aus weißem Ton. Später erfuhr ich, dass es sich dabei um Fragmente alter Tabakpfeifen aus Ton handelte, die vor Jahrhunderten von Londonern weggeworfen wurden. Ich war begeistert von den ganzen Geschichten, die ich da in meiner Hand hielt und wollte mehr erfahren. 

 

Alte Tonscherben und andere Gegenstände, die in der Themse gefunden wurden

Später fand ich heraus, dass das so genannte „Mudlarking“ (zusammengesetzt aus dem englischen Wörtern „mud“ für Schlamm und „lark“ für Lerche) tatsächlich ein Begriff ist und dass es viele Menschen gibt, die von den historischen Artefakten fasziniert sind, die bei Ebbe aus der Themse freigelegt werden. Ich beantragte bei der Londoner Hafenbehörde eine „Permit to Search the Thames Foreshore“ (Erlaubnis zur Erkundung des Themseufers) und von dem Moment an, als ich sie in Händen hielt, zog ich mir in meiner Freizeit oft meine Stiefel an und machte mich auf den Weg, um verschiedene Abschnitte des Themseufers zu erkunden. 
 
Seit diesem ersten zufälligen Besuch an den Ufern der Themse in Greenwich sind viele Jahre vergangen, und ich hatte das Glück, beim meiner Suche im Schlamm einige außergewöhnliche Objekte zu finden. Einige von ihnen sind beim Museum of London in der Datenbank des „Portable Antiquities Scheme“ (Programm für tragbare Antiquitäten) registriert. „Schatzsucher“ sind verpflichtet, ihre Funde aufzuzeichnen. Das ist wichtig, denn so kann sich das Museum ein Bild davon machen, was in London los war und wo. In den meisten Fällen werden die einmal erfassten Objekte an den Finder zurückgegeben.
 
In den nächsten Blogbeiträgen werde ich über einige meiner Fundstücke berichten. Doch zunächst möchte ich die Geschichte eines meiner absoluten Lieblingsstücke erzählen. Dieses Objekt stellt für mich die Essenz der Schatzsuche im Schlamm, des „Mudlarking“, dar.
 
An den Tag kann ich mich noch gut erinnern. Es war März und es nieselte. Ich war in einem Gebiet entlang der Themse auf Spurensuche, das früher eine Abwrackwerft war. Der Schlamm war mit Metallstücken übersät. Während mein Blick zwischen den alten Nägeln und Nieten aus Messing umherschweifte, leuchtete mir ein kleines Messingstück durch den Regen entgegen. Als ich es aufhob, bemerkte ich die schwache Gravur eines Namens – F. Jury, 72 Woolwich Road, SE10. Anhand dieser Angaben entdeckte ich die Geschichte von Frederick Jury, geboren 1873. Frederick kämpfte in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs und erlitt schwere Verletzungen, als er von einer Granate getroffen wurde. Er überlebte jedoch und wurde mit einer silbernen Kriegsmedaille verabschiedet. Er starb im Jahr 1932. Ich habe den Friedhof in der Nähe von Greenwich ausfindig gemacht, auf dem er begraben wurde, und mit Hilfe des Friedhofswärters fand ich Freds letzte Ruhestätte - im Bereich der Armengräber, unter einem Haufen Brombeersträucher. Nun kehre ich jedes Jahr zurück, um Blumen auf sein Grab zu legen.

Ein kleines Stück Messing mit dem eingravierten Namen Frederick Jury

Da Frederick Jury selbst nie Kinder hatte, ist es etwas Besonderes, seine Geschichte zu erzählen. Hätte ich an jenem verregneten Tag im März nicht meine Gummistiefel angezogen und seinen Gepäckanhänger gefunden, läge Freds Geschichte vielleicht noch immer vergessen im Schlamm. Fred ist nur einer von vielen Menschen, deren Geschichte durch einen Fund aus dem Schlamm wieder zum Leben erweckt wurde. Diese Art von wertvollen Funden ist es, die mich bei Ebbe immer wieder an die Themse zurückkehren lässt.

 

 

Verwandtes Produkt

Muck Boot Arctic Sport

 


HINTERLASSEN SIE EINEN KOMMENTAR

Bitte beachten Sie, dass Kommentare vor der Veröffentlichung freigegeben werden müssen

Diese Website ist durch reCAPTCHA geschützt und es gelten die allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzbestimmungen von Google.